Wie sind sie denn nun wirklich?
In letzter Zeit werde ich immer häufiger gefragt „sind sie wirklich so?“.
Ich muss gestehen, das irritiert mich.
Ziehe ich in den sozialen Netzwerken nicht geradezu täglich blank, überschreite ich nicht mehrfach in der Woche häusliche Diskretionsgrenzen? Habt nicht ihr den perfekten Einblick in das Leben eines Terriers und Vizslas?
Oder liegt es daran, dass die beiden so meschugge wirken und ich das gerne auf ihre Vergangenheit schiebe. Unangenehm wäre es mir ja schon, hättet ihr das Gefühl, dass sich hier einfach nur Mensch und Tier im Laufe ihres Zusammenlebens immer mehr angenähert haben. Charakterlich und äußerlich.
Gut, ich sehe ein, dass meine Beschreibungen nicht immer ganz neutral sind.
Im Falle von Herrn Terrier zu oft mit rosaroter Brille, bei Fräulein Vizsla häufig mit einem ungläubigen Kopfschütteln.
Aber natürlich bemühe ich mich gerne, die zwei Ochsen etwas genauer zu beschreiben… leicht wird das nicht! Neutral wie die Schweiz. Ohne Bezug auf ihr Vorleben.
Beginnen wir mit Neele. Meinem wunderbaren Bernsteinauge.
Sie will gefallen. Partout. Jedem. Ich glaube, das ist durchaus vizslatypisch und nicht unbedingt typisch für das Exemplar, das bei mir eingezogen ist. Gibt es eine Aufgabe, ist Neele die erste, die aufschreit „lass mich das machen. Jetzt. Gerne!“
Damit einher geht die Tatsache, dass sie extrem sensibel ist. In allem. Sie braucht Nähe und kann extrem vorsichtig zum Schmusen auffordern. Meistens zieht sie es aber vor, das nicht zu tun. Regelmäßig habe ich eine Pranke im Gesicht, weil Madame sich geradezu rangeschmissen hat. Mit meiner Hoffnung, dass sich das im Laufe der Zeit legt, lag ich falsch.
Apropos Pranke: ein Vischeltrinchen kann Abdrücke auf weißen Hosen und frisch gewischtem Parkett hinterlassen, dass man annehmen könnte, mit einer Elefantenherde Bekanntschaft gemacht zu haben. Unerklärlich. Selbst unsere Dobis haben das so nicht geschafft.
Zum Thema „ranschmeißen“ fällt mir noch ein, dass so ein braunes Reh unglaublich viel Aufmerksamkeit braucht und diese auch einfordert. Gerne dann, wenn du gerade einen Löffel heißer Suppe zum Mund führst oder eine volle Kaffeetasse in der Hand hast. So ein zimtfarbener Gummigumpen hat beim Stupsen enorme Kraft. Ich weiß gar nicht, warum mich das immer wieder erstaunt.
Was fällt mir noch ein, sollte ich den Vizsla beschreiben… vielleicht das Offensichtlichste. Sie hat immer Hunger! Nie gibt es genug zu fressen. Denkst du aber, gerade das macht die Erziehung mit ihr leichter, hast du dich geirrt. Die Aussicht auf etwas Fressbares macht diesen Hund so nervös, dass er sich auf einen anderen Planeten beamt. Kommandos kommen da nur mäßig an.
An diese Tatsache knüpft auch das nächste Thema an: so eine Zimtnase ist eigentlich gewillt, dir überallhin zu folgen. Bevorzugt dann und dahin, wo du es am wenigsten brauchst. Eigentlich, ihr ahnt es schon, heißt aber, dass es Ausnahmen gibt: befindet sich in deiner Nähe ein anderer Mensch mit etwas Essbarem, mutierst du zu Luft. Wirst unsichtbar!
Mit dieser Verfressenheit ist wohl auch das unglaublich gute Gehör eines Vizslas zu erklären. So viel Zimmer kannst du gar nicht an dein Haus anbauen, wie du Distanz brauchst, dass die Lady nicht das Öffnen des Kühlschrankes hört.
Nicht zu verwechseln ist - und das ist wichtig zu wissen für potentielle Vizslahalter - gutes Gehör und gut hören. Regnet es oder die Temperaturen sinken unter 6 Grad Celsius ignoriert sie Aufforderungen, nach draußen in den Garten zu gehen, obwohl sie in Megafonlautstärke durchs Haus geschallt sind. Eine ganz erstaunliche Tatsache. Gelten diese Hunde doch als robuste ungarische Jagdhunde.
Ach ja, apropos Regen, eins noch: Vizslas sind pflegeleicht. Ausgestattet mit einem sich praktisch von alleine reinigendem Fell. Sagt man. Sollten sie sein. In unserem letzten Wohnmobilurlaub an vielen Seen hatte ich nicht den Eindruck. Aber ich mag mich da auch täuschen.
Eins kann ich zusammenfassend sagen: so ein Vizsla liebt bei richtiger Haltung seine Menschen abgöttisch. Du kannst, wie Beate bei Schwiegertochter gesucht, den größten Unsinn erzählen oder schlampig gekleidet sein, wie die Kelly Family zu ihren schlimmsten Zeiten, für einen Vizsla bist du der Held.
Solange du nur weißt, wie der Kühlschrank geöffnet wird.
Kommen wir jetzt zu Bruno. Dem kleinen Terriator.
Ihn zeichnen ganz andere Dinge aus.
Ich beginne mit seinem ausgeprägten Sinn für Humor. Auch wenn ihn nicht alle verstehen, mich amüsiert das kleine Kerlchen. Problematisch, und damit eng verbunden, ist seine immense Gabe, immer in solchen Augenblicken „humorvoll“ zu werden, in denen maximale Blamage für den ihn begleitenden Zweibeiner dransteht. Aber ich habe gelernt, über diesen Dingen zu stehen. Meistens auf jeden Fall.
Großartig auch seine Intelligenz, sein Denkvermögen. So ein Terrier ist weit entfernt vom Dasein eines kritiklosen Speichelleckers. Er schätzt ab. Fällt Urteile. Und vor allem entscheidet er sehr eigenmächtig. Wirkliche Diskussionsbereitschaft sieht anders aus. Aber Basisdemokratie ist wohl auch kein erklärtes Zuchtziel beim Parson.
In diesem Zusammenhang sollte ich auch erwähnen, dass so ein Terrier dadurch natürlich alles weiß. Bevorzugt besser als seine Menschen. So, und auch wirklich nur so, ist zu verstehen, warum er gerne mal Dinge anders macht, als ich sie ihm vorgeschlagen habe.
So manch einer tut diesen Umstand gerne als das Verhalten einer Diva ab. Spielerfrauengleich. Ich mag das. Meistens.
Erwähnen sollte ich auch seinen immensen Wortschatz. Er jault, grummelt, knurrt in mehreren Sprachen. Leider. Und dann gibt es noch dieses komische Geräusch. Das, das nur er kann. Öngöng… öngöng… ich kann nicht beurteilen, ob das ein allgemeines Terriermerkmal ist. Ich wünsche jedem, dass es sich anders verhält.
Ist man mit Bruno draußen, hört man häufig den Satz „typisch Terrier“. Häufig von Menschen mit einem Gesichtsausdruck, als hätte ich ihnen in den letzten Jahren tonnenweise die Hinterlassenschaften meiner Hunde vor die Haustür gekippt. Was, bitte, ist für diese Menschen typisch Terrier?
Was sollte ich hier noch erwähnen? Ich denke, den Größenwahn sollte man nicht außen vor lassen. In einem dreiwöchigen Urlaub mit vielen Strandspaziergängen, hat er sich mit mehr Doggen, Dobermännern und Rottweilern angelegt, als jeder CSU-Abgeordnete Familienmitglieder in seinem Büro anstellt. Aber ist das wirklich terriertypisch? Oder dann doch eher eine Macke des kleinen Spinners, der einfach nichts anders gelernt hat als „Angriff ist die beste Verteidigung“.
Viel schlimmer finde ich, dass die Menschen diese Assoziation haben. Terrier = peinlich.
Menschen, die wahrscheinlich in ihrem Leben nicht über ein Steifftier hinausgekommen sind, sich frei von jeder Scham nach dem dritten Glühwein helenefischergrölend in den sozialen Netzwerken präsentieren, erklären mir, was „peinlich“ heißt.
Hach… ihr seht, ich kann es nicht.
Ich bin nicht die Schweiz. Ich will nicht neutral sein.
Ich habe die besten Hunde der Welt. So, wie sie sind. Mit ihren Macken, den größeren und den kleineren.
Und ich stelle fest, dass ich meine Hunde nicht „rassetypisch und ohne Hintergrund“ beschreiben kann. Sie sind halt so. Sie haben diesen Hintergrund, diese Erfahrungen mitgebracht.
Wer also ein Rasseportrait möchte, kaufe sich ein Buch. Oder bemühe meinetwegen auch Wikipedia. Ich bin dafür die Falsche. Definitv.
Ab sofort antworte ich nur noch: ja, sie sind wirklich so.
Ein kleiner Satan. Aber so unfassbar liebenswert und charmant.
Eine ungarische, ziemlich verfressene, Prinzessin. Mit manchmal etwas balüsigen Manieren.
So sind sie wirklich.
Und vor allem sind sie eins: meins! 💕