Habe ich euch eigentlich jemals erzählt, wie es morgens bei uns abläuft?
Also an den guten, den normalen Tagen? Nicht die, an denen Bruno so elend ist, dass es einem das Herz zerreißt. Nein, die, an denen man schon morgens darüber nachdenkt, um welche Uhrzeit das örtliche Tierheim öffnet…
Es geht los so gegen sechs. Pi mal Daumen. Mal eher, mal später.DbaE schon unterwegs. Ich werde - sofern nicht schon auf - von Cher geweckt (jaaa, immer noch!).Der Gedanke an die Snooze-Taste verbietet sich an neun von zehn Tagen: das Vizsla-Tier ist aufgesprungen wie ein gut gelauntes Känguru, das es kaum erwarten kann, dass der Tag endlich beginnt. Ich tapper zur Terrassentür, an meinen guten Tagen über nichts stolpernd, lass die Trine raus, die in den Garten hüpft und ihr Geschäft macht. Ein echter Sonnenschein. Noch.
Der Terrier ist natürlich nicht zu sehen. Ein Langschläfer. Er denkt nicht daran aufzustehen. Mit bewundernswerter Ignoranz übersieht er, dass ich über ihn hinwegklettern muss und mich dabei verbiege.Auf meinem Weg ins Bad stelle ich noch den Kaffeeautomaten an und danke im Geiste dbaE, dass NICHT die Meldung „Wassertank leer“, „Trester leeren“ oder „Bohnen auffüllen“ erscheint. Der Supergau für mich um diese Uhrzeit.
Noch nicht ganz in den gefliesten Räumen, drückt sich hinter mir das braune Reh mit durch die Tür. Herrje. Sagte ich irgendwas von „Familienzusammenkunft im Bad“? Nein.Ich will jetzt nicht so weit gehen zu behaupten, dass ich nicht aufs Klöchen kann, wenn der Köter im Bad ist. Aber irgendwie mag ich es da auch ungestört. Egal, es ist so wie es ist. Zu irgendwelchen Erziehungsversuchen fehlt mir zu dieser frühen Stunde jegliche Energie.
Ein erster Kaffee. Zigarettchen (müssen wir jetzt hier nicht diskutieren). Auf der Terrasse.
Terrier immer noch im Reich der Träume.
Vizsla erste nervöse Anwandlungen, ob das Futter wenigstens schon mal aus dem Kühlschrank raus ist.
Ab unter die Dusche. Zu blöd, die Tür hinter mir richtig zuzuziehen. Fast einen Herzinfarkt bekommen, Hitchcocks „Psycho“ vor meinem inneren Auge: irgendwas ist an meiner Wade.Schaum in den Augen, trotzdem sehen, dass ein braunes Tier in der Dusche steht. Kurzer Anflug von Fassungslosigkeit: ist das das gleiche Tier, das vor ein paar Tagen bei uns im Garten auf die Platten gepinkelt hat, weil der Rasen zu nass war? Köter rausgeschmissen, fertigmachen.
Der nächste Kaffee wartet. Ich mach mir zwei Brote fürs Büro. Frühstücken kann ich um diese Zeit definitiv noch nicht.
Der Vizsla wandelt sich vom Sonnenschein zur Gewitterwolke. Nervig fiepend, Hungertod simulierend. Maximal ätzend in der Tonlage.
Der Terrier schläft immer noch.
Mein Frühstück kommt in diese wunderbare Hundebrotdose eines schwedischen Möbelhauses; danach mache ich ein Leberwurstbrot für Neele. Bei dem Geräusch von „Messer schneidet Häppchen“ gibt es für die gefräßige Monsterbacke kein Halten mehr. Man tänzelt in die Küche. Dahin, wo die Näpfe stehen. Zu ihrer Ehrenrettung muss ich jetzt sagen, dass sie selbst in diesen hungrigen Momenten ihr soziales Wesen nicht verlässt. Sie rennt im Schweinsgalopp ins Schlafzimmer, um dem Mini-Ochsen mitzuteilen, dass das Frühstück bereitet wird. An seinen richtig guten Tagen knurrt er auch nicht. Die Futterzubereitung dauert: Etwas Nassfutter für beide. Magenpulver für Bruno. Leberwurstbrothäppchen in Neeles Pott. Käsewürfelchen schneiden für den Terrier. Tabletten rauslegen.In diesen Minuten scheint das Vizslatier jeden Morgen aufs Neue entsetzt, wie lange das dauern kann. Entgeisterter könnte ich nicht gucken, wenn mir jemand Trekkingsandalen zu meinem Hosenanzug rauslegte. Sie starrt mich immer so an, als wolle sie sagen „jeder Chihuahua bekommt morgens mehr als ich“.
Und dann, oh Wunder, der Terriator gibt sich die Ehre. Man betritt die Küche, demonstrativ gähnend und sich reckend und streckend. Annäherungsversuche von Neele schätzt er in ungefähr so, wie ich dieses 10.000-Fans-Getümmel in EM-Stadien gern gesehen habe. Beide bekommen Tabletten-Leberwurst-Finger hingehalten (also Neelchen ohne Tablette). Und dann geht’s an die Pötte.
Ein weiterer Kaffee für mich. Ja, mit Zigarettchen.Die Ochsen haben gut gefressen, Bruno tut das mit einem kapitalen Rülpser kund. Jeden Morgen!
Zeit für seine Augentropfen. Er fordert sie ein und springt auf den „Tropfenstuhl“. Ein Ritual. Jeden Morgen. Wehe, du bist nicht schnell genug. Meister Terrier wird da schnell mal ungehalten. In diesem Punkt hat der kleine Chef ja ein Führungsverhalten vom Feinsten: ein unangenehmer Mix aus Arroganz, Größenwahn und dreckigem Humor… er ist definitiv der Einzige, der es lustig findet, mich heranzukläffen, das bereitstehende Tropfenfläschchen umzustoßen und zu versuchen, sich schon mal an der Leckerli-Box zu bedienen.
Okay. Auch das ist erledigt. Kurzer Blick auf die Uhr. Zeit für ein Zigarettchen. Schließlich muss der Terrier noch mal raus. Aber auch hier gilt: lass ihn bloß seine eigenen Entscheidungen treffen. Auf die Ansage „ab in den Garten“ reagiert er stur wie ein Esel. Und während ich auf der Terrasse vor mich hin qualme, passiert das, was mich dann zu guter Letzt doch immer mit guter Laune in den Tag starten lässt: Der kleine Satansbraten schlendert (eigentlich leicht beleidigt, dass man ihn zu nichts auffordert und ihn nicht beachtet) in betonter Langeweile und Lässigkeit durch den Garten, um dann in der letzten Ecke zu (sorry) kacken! Ich lach mich schlapp. Dieser betont gelangweilte Gang, dieses Getue „ich muss gar nicht“… Ach, Schnubbibubbi, du bist echt einmalig.Und das Bernsteinauge? Wieder mein Sonnenschein: es ist alles erledigt, man liegt entspannt im Snuggler.
Sie sind, wie sie sind. Beide haben einen an der Waffel.
Aber vor allem sind sie eins: meins!
Beste Ochsen ever