Und sie denken doch!

Und Hunde können doch denken…

Vor einigen Tagen bin ich auf ein spannendes Buch gestoßen.

Tenor war: Tiere können kein Urteil fällen, also können sie nicht denken.

Na, da haben wir aber gelacht!

Was ist denn das für eine Logik?

Ich würde doch glatt behaupten, dass ich jeden Tag den Gegenbeweis antreten könnte.

Nehmen wir Fräulein Vizsla.

Die es normalerweise kaum abwarten kann, dass es nach draußen geht. Die einem dann, egal ob Wald oder Wiese, erst einmal zeigt, dass Usain Bolt nur deshalb elffacher Weltmeister und Weltrekordhalter in der 4-mal-100-Meter-Staffel wurde, weil sie

  1. nicht mitgelaufen ist und

  2. er ja nach einem Viertel den Stab abgeben durfte. SIE hätte durchlaufen können. Hundert Prozent!

An trockenen Tagen. Gerne nur mit mäßigem Wind. Und auf gar kein Fall in Verbindung mit Wasser. Also, ich rede jetzt von dem Wasser, das von oben kommt.

An Regentagen nämlich meint dieses ach so robuste ungarische Tier, dass man auf gar keinen Fall raus muss.

Und nun komme ich zur Denkleistung. Habe ich mein braves Bernsteinauge morgens um halb sieben noch so gerade rausbekommen, um das wirklich allernötigste Geschäft zu erledigen, verzieht sie sich daraufhin sofort, aber auch wirklich SOFORT, in ihre gemütliche Höhle und man sieht bestenfalls eine Pfote rauslugen. Wenn überhaupt.

Soll es dann im Laufe des Vormittags zu einer größeren Runde vor die Tür gehen, stellt sie sich tot. Ohne vorher nochmal durchs Fenster gesehen zu haben. Die, die sonst tanzt wie einst John Travolta, sobald sie nur ahnt, dass man zu den Leinen greift, verkrümelt sich aufs Sofa. Und ich sehe ihr an, dass sie DENKT. Alles in ihrem Blick schreit „NEIN“.

Nein, ich will nicht raus.

Nein, es war heute früh schon Sch…, dann ist jetzt auch nicht besser.

Nein, auf gar keinen Fall möchte ich nass werden.

Nein, du kannst mich nicht überreden.

Und dann sind wir auch bei dem Punkt, der mich sicher sein lässt, dass sie sehr wohl ein Urteil fällen kann. Nämlich das, dass sie jetzt gerade verarscht wird. Dieser Hund, der normalerweise für einen Snack seine Seele verkaufen würde, steht nicht auf beim Klappern der Tupperbox. Die, die dafür verantwortlich ist, dass der beste aller Ehemänner und ich, unsere eigene Keksdose nur noch bei laufendem Mahlwerk des Kaffeeautomaten und unter lautem Husten öffnen, verkriecht sich grummelnd in den Decken auf der Couch.

Das ist ein Urteil. Ein ganz klares sogar, wie ich meine. Sie weiß, dass sie gelockt werden soll. Und obwohl sie das gefräßigste Wesen auf diesem Planeten ist, entscheidet sie sich, nicht aufzustehen. Sie guckt dich an und will dir sagen: „das kannst du mit jemandem machen, den sie gerade aus dem namibischen Busch gezogen haben. Nicht mit mir!“

Kommen wir zu Herrn Terrier.

Auch, oder soll ich besser sagen gerade, er kann denken.

Darauf würde ich durchaus größere Summen setzen.

Das beste Beispiel dafür lieferte er vor einigen Tagen. Es war Zeit ins Bett zu gehen. Was bei uns bedeutet: ein letztes Zigarettchen auf der Terrasse für die Menschen, Pinkeln im Garten für die Hunde. Nun ist es ja grundsätzlich nicht so, dass der kleine Satan sofort Beifall klatscht, wenn er etwas tun soll. Und abends, vor allem an Tagen, an denen es ihm eh nicht so gut geht, kann man auch schon mal brummelig werden. Und zwar richtig. Grummelnd tut er seinen Unmut kund. Ich würde nicht jedem raten, ihn in solchen Situationen anzufassen. Also gibt es eine Ansage, der Meister fliegt vom Sofa und es geht raus auf den Rasen.

Und was macht der kleine Saubock? Hebt für 2 Sekunden das Bein, kein (KEIN!!!) Tropfen fließt, würdigt mich keines Blickes und geht hoch erhobenen Hauptes an mir vorbei ins Haus. In diesem Schritt, der mich wahnsinnig macht: leicht arrogant und ich meine ja immer mit ausgestreckter Mittelkralle.

Hätte ich mich nicht vor Lachen fast verschluckt, ich wäre ausgeflippt!

Und das soll keine Denkleistung sein? Für mich war das ganz klar ein „wenn du es so möchtest, dann lasse ich es halt so aussehen.“.

In solchen Situationen, und ich könnte jetzt noch ein paar mehr aufzählen, frage ich mich, ob ich dem Autor des oben erwähnten Buches mal meine Beiden für ein Wochenende überlassen sollte. Ich bin mir sicher, dass er seine Meinung revidiert.

Er müsste feststellen, dass Hunde sehr wohl ein Urteil fällen können. Sie wissen genau, dass sie - anders als beispielsweise Präsidenten des Verfassungsschutzes - bei Fehlverhalten nicht gerade nach oben gelobt werden. Aber, und das ist ihre freie Entscheidung, es ist ihnen egal.

Neelchen, von freiwilligem Futterverzicht normalerweise so weit entfernt wie Menderes vom Grammy, würde jederzeit zu dem gleichen Urteil kommen: liegen bleiben!

Bruno, mein kleiner Earl, hält sich da ganz an den Satz „Adel verpflichtet“. Schon Ernst August, unser aller Oberhaupt der Welfen, hat auch genau dann und da gepinkelt, wo es ihm beliebte! Warum sollte mein Hund mit einer ähnlich langen Ahnentafel da zu einem anderen Urteil kommen?

Ich nenne das Denken! Ob es mir nun gefällt oder nicht.

Aber ganz ehrlich: ich mag das!

Speichelleckende Wesen hat man doch schon oft genug um sich… da müssen sich doch wenigstens deine Vierbeiner davon abheben!