Große Inspektion

Bruno bei der Dottoressa  -  oder: Große Inspektion am Terrier

Brunos haariger Hintern ist derzeit nicht mehr ganz so haarig. Unschön, dennoch unvermeidbar. Aber der Reihe nach: Seit einigen Tagen konnte ich beobachten, dass Bruno ein Problem hat. Und als ich dann Blut an meinem T-Shirt gesehen habe, nachdem der Schoßhund bei mir saß, konnte ich es auch lokalisieren. Der Hintern. Ausgerechnet. Die Stelle, bei der er schon immer höchst eigen reagiert hat. Wenn dann aber auch noch „da etwas ist“, kann ich jedem nur raten: Finger weg! Rumgefummel an seinem Allerwertesten schätzt der kleine Grummelbär nur sehr eingeschränkt. Man könnte auch sagen: gar nicht! Aber es half nichts: das musste sich jemand ansehen. Ein Fall für die Lieblingsdottoressa! Ein bisschen hin- und hergeschrieben, bei ihrer Vermutung „Analbeutelentzündung / Abszess“ wurde mir schon ganz schummerig (allein diese Worte ) und beratschlagt, was zu tun ist.Gestern Abend war es dann so weit. Termin 17:30 Uhr. Kurze Narkose. Den Terrierhintern behandeln. So war der Plan. Euch kann ich nichts vormachen. Sonst würde ich an dieser Stelle natürlich gerne behaupten, dass ich den ganzen Tag über total cool war, wusste, dass das nun wirklich kein großes Ding wird und mir so ein Termin nun echt kein Kopfzerbrechen bereitet. Aber natürlich war es nicht so. Wenn ich euch verrate, dass ich nicht ein einziges Mal in mein stets gut gefülltes Schoki-Glas auf dem Schreibtisch gegriffen habe, dann wissen zumindest die, die mich kennen, was los war. 17:20 Uhr. Noch schnell zwei Zigaretten geraucht auf der Terrasse, mich glücklich geschätzt, dass die Praxis zwei Häuser weiter ist. Dann der erste Schock: DbaE sagt, ich solle Bruno auch eben die Krallen schneiden lassen, wenn er schon mal da ist. Äh… wie bitte? Oh nein! So nicht! „Du musst mit!!!!“ ICH führe Brunilein nicht alleine zur Schlachtbank! Und wer soll ihn halten, wenn er sich mal wieder so ganz speziell aufführt? Nein, nein, nein! DAS wird jetzt ein Familienausflug. Den leicht belustigten Gesichtsausdruck habe ich großzügig übersehen. Falsche Zeit für spitze Bemerkungen!! Es ging los. Auf die Praxis mit Gebrüll. Und das ist in Brunos Fall durchaus wörtlich zu nehmen. Ab dem Zeitpunkt der ersten Pfote auf dem Praxisgelände wurde es laut. Sehr laut. Sehr schrill. Bäm! Auftritt Familie Terrier! Alles guckte. Aber auch wirklich alles. Aus den Fenstern der Praxis. Aus denen des Wartezimmers. Aus den wartenden Autos. Pah. Kopf hoch. Da steh ich ja drüber. Es lief nicht gut. In der Praxis noch ein Notfall, deshalb auch der volle Parkplatz. Ob wir in einer guten halben Stunde wiederkommen könnten. Na klar. Kein Problem. Ich dachte, es tut uns allen gut, die Zeit für einen Spaziergang zu nutzen. So zur Beruhigung. Der Vorschlag kam nicht gut an. Also bei dem baE jetzt. Okay. Dann eben wieder nach Hause. Zeit für ein Zigarettchen. Und für Neele. Die gute Seele war schon wieder völlig beunruhigt angesichts der merkwürdigen Dinge, die da passierten. Und natürlich angesichts der Tatsache, dass das Abendessen noch nicht serviert war. Darauf hatten wir verzichtet, weil Bruno ja nichts haben durfte.Ein neuer Plan musste her: ICH gehe mit Bruno gleich schon mal langsam vor, GöGa macht dem Vizsla-Mädchen das Futter und kommt dann sofort nach.Wieder angekommen an der Praxis der nächste Schreck: kein Auto mehr auf dem Hof, niemand mehr im Wartezimmer. Oh ha… also musste ich alleine mit Brunilein rein. Nun gut. Ich war ja cool . Lässig. Kein Problem. Die erste Frage war: war das dein Hund, der vorhin so gebrüllt hat? Äh… ja. Was soll denn dieser Unterton? Da kann man doch wirklich so tun, als hätte man das überhört. Ich wollte nicht rumzicken. Ab mit dem Hund auf die Waage. 7,3 Kilo. Mit Geschirr und Leine (bei mir selbst setze ich meine Ohrstecker auch immer mit ca 1,5 Kilo an). Sehr gut. Mein perfekter Terrier. Und schon konnte es ins Behandlungszimmer gehen. Den Satz „sind alle Hund weg vom Gang?“ habe ich mal als nicht gesagt betrachtet. Dann sehe ich ein neues Gesicht. In unserem Behandlungszimmer. In UNSEREM! Sehr jung. Sehr nett. Aber eben neu. Hat niemand sie vorgewarnt? Sie steht neben der Tür und wartet darauf, dass wir reinkommen. Wie sag ich ihr nur am besten, dass sie rausgehen soll? Ist ja nicht mein Revier hier, kein Hausrecht sozusagen. Bruno wirkte auch nicht so, als würde er Ausnahmen machen wollen in dem Punkt „wen dulde ich hier“. Mir wurde warm. Und wo blieb eigentlich DbaE? Ich weiß ja, dass das Bernsteinauge gerne frisst, aber muss das ausgerechnet heute so lange dauern? Die Dottoressa klärte die Situation. Bruno konnte eintreten. Ab auf den Tisch. Und wie immer durfte die Kathrin Holtkamp-Endemann ihn begrüßen, ohne sich vorher in eine Rüstung geschmissen zu haben. Aber natürlich durfte auch sie nicht an seinem Hintern rummachen. Sie darf ja schon viel für seine Verhältnisse. Aber sein Hintern ist für ihn nun mal das, was Marxloh für Duisburg ist: eine No-Go-Area! Aus dem Augenwinkel konnte ich durchs Fenster sehen, dass GöGa im Anmarsch war. Na endlich. Die Spritze stand an. DIE SPRITZE! Richtig gut gefiel dem kleinen Spinner das nicht, aber es war okay. Die Spritze saß, jetzt musste er nur noch „müde“ werden.Und dann begann das, was ich kaum ansehen kann. Er wehrte sich gegen das Einschlafen. Jede Faser seines kleinen Körpers zeigte an, dass er nicht die Kontrolle abgeben wollte. Die kleinen Pillefüße paddelten in der Luft rum, man lag in Herrchens Arm, aber einschlafen wollte man nicht. Krampfhaft die Augen aufgehalten, immer noch irgendwie auf der Lauer. Mir tut das weh, mein Kerlchen so zu sehen. Aber irgendwann war es dann so weit. Die Lieblingsdottoressa wollte ihn mitnehmen.Wie mitnehmen??? Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich mir nicht wirklich Gedanken gemacht habe, wie es ablaufen wird. Aber vor meinem inneren Auge sah ich mich eigentlich immer pfötchenhaltend an seiner Seite. Natürlich habe ich mir nichts anmerken lassen. Das kann ich. Was ich nicht konnte: ihrem Rat folgen, dass wir nach Hause gehen könnten. Absurder Gedanke. Natürlich warte ich draußen (mein Kippenvorrat in der Tasche hätte für einen ganzen Tag gereicht!). Dba E wollte nach Hause gehen. Zu Neele. Und hat mich im Weggehen gefragt, was wir nachher essen wollen. ESSEN?? Wie essen? Daran konnte ich jetzt ja gar nicht denken. Obwohl ich ja so lässig war… Mit der Situation hier hatte das nichts zu tun. Ich hatte mir halt keine Gedanken über unser Abendessen gemacht. Das kann doch mal passieren (dass für Brunilein im Kühlschrank allerlei Alternativen „leichte-Kost-nach-Narkose“ lagen, sei an dieser Stelle nur am Rande erwähnt). Herrje. Essen. Tsss… Zähe 30 Minuten begannen. Als ich irgendwann dieses zahnarzttypische Geräusch hören konnte, wusste ich, dass wir (ja! WIR!) es gleich geschafft hatten. Wir hatten Kathrin gebeten,  die Chance zu nutzen und die Terrierbeißer gleich noch mitzumachen. Ich konnte endlich wieder rein. Zu Schnubbibubbi. Und da lag er dann. Mit Schlauch in der Schnüss. Wie ein nasser Sack. Ich konnte Blut auf dem Papier sehen. Bei allem, was mir heilig ist, ich schwöre es: ich war wirklich tapfer!!! Ganz cool. Erstmal gesagt, dass er so schlafend ein wirklich lieber Terrier ist! Und wie immer, wenn was mit Bruno ist, sind die besten Augenblicke die, in denen er dann wieder so ist, wie immer! Kaum zu Hause, nach Neele geschnappt. Ausgerechnet unser Neelchen, die die ganze Zeit todunglücklich auf ihn gewartet hat. Man hatte Kohldampf und tat dies auch kund. Das Sofa war sofort wieder seins. Und nachdem ich mich dann mit Schokoküssen vollgestopft hatte, die jetzt aber wirklich verdient waren, konnte ich ihm auch ganz schnell wieder sagen: „ich hol gleich die Spritze!"

Nur dass dbaE kurz und sachlich festgestellt hat, dass bei Bruno eine große Inspektion gemacht wurde  - wie heute an seinem Auto -  das fand ich dann schon despektierlich. Aber gesagt habe ich nichts! Auch hier galt: cool lächeln kann ich!!!!

Schnubbibubbi, das hast du gut gemeistert! Und ich auch.