Bruno und die Blondinen

Manchmal zweifel ich wirklich an meinem Hund.
Oder an mir.
Ich weiß ja, dass er Blondinen mag. Also mich auf jeden Fall. Aber was er diese Woche wieder geboten hat...
Am Mittwoch ging es los. Herr Terrier wollte nicht fressen. Erstmal ja nicht ungewöhnlich. Ich rufe noch nicht den Rettungswagen samt Notarzt. Beobachten, ob er spucken muss oder Bauchgrummeln hat. Eventuell etwas tiefer als sonst in die Medikamentenkiste greifen.
Aber er musste nicht spöntern. Und gegrummelt hat auch nichts.
Dafür bot er ein Bild des Elends. Er wollte nichts und niemanden. Auch die nächsten beiden Tage nicht. Er hat sich verkrochen, dass mir das Herz geblutet hat. In Schränken, hinter der Couch im Gästezimmer, unter den Wäschekörben im Hauswirtschaftsraum. Er zitterte. Man konnte es nicht mit ansehen. Und als er dann abends nicht aufs Sofa zu mir gekommen ist und auch nicht ins Bett (das kommt sonst NIE vor), stand fest: wir müssen zu Kathrin! Unserer Lieblingsdottoressa, der weltbesten Tieräztin (und Nachbarin und Freundin 😘)!
Ich hab sie angeschrieben, es dringend gemacht, Fotos von Bruno im Schrank geschickt. Und natürlich durften wir kommen. Zur Schonung der Gehörgänge anderer Patienten schon eine Viertelstunde vor der Praxiszeit. Gesagt, getan. Ich habe den hundeelenden Terrier ins Geschirr gepackt und bin los. Zum Glück nur zwei Häuser weiter. Mir war inzwischen auch hundeelend.
Und dann kam das, was mich fassungslos werden ließ. Wir waren noch nicht ganz auf dem Praxisparkplatz, da ging ein Ruck durch den kleinen Sausack! Wie immer übernahm er die Anmeldung eigenständig. Noch von draußen. Laut. Ungeduldig. Er begehrte Einlass, der Earl. Der Summer ertönte, noch bevor ich geklingelt habe. Man hatte uns offensichtlich gehört. Bruno schritt taff voran. Ein kurzer Satz auf die Bank im Wartezimmer, seinen alten Kumpel - den Plüschhund - begrüßt und dann ohne weitere Aufforderung ins Behandlungszimmer. In seins! Da, wo er immer ist. Man führte sich auf wie immer. Das Elend, das Mucksche, das komplett Ruhige war wie weggeblasen! Er gab alles. Man nahm auch wieder Leckerchen. Außer seiner heißgeliebten Dottoressa wurde niemand im Raum geduldet. Er wollte auch nicht auf dem Tisch behandelt werden sondern auf dem Chefsessel am Schreibtisch. Aus seiner Sicht lief es großartig! Er wirkte quietschfidel.
Mir war leicht peinlich berührt zumute angesichts meiner Hysterie und der Dringlichkeit, die ich morgens an den Tag gelegt hatte. Die Gesichter der Praxiskollegen, die im Vorbeigehen durch die kleine Scheibe geguckt und sich schlappgelacht haben, sagten alles. Herr Terrier ist wieder da!
Wäre ich nicht so unfassbar erleichtert gewesen, hätte ich ihm den Hals umgedreht! Außer einem kapitalen Rülpser hat er eigentlich nichts von sich gegeben, was man nicht von ihm kennt!
Hochnotpeinlich!
Kaum zu Hause hat er dann erstmal seinen Napf leergezogen, als wollte er sagen, dass es endlich was gibt und er einen Riesenkohldampf hat.
Ich war wirklich fassungslos.
Und dann habe ich ihm erklärt, dass ich ja verstehe, dass er Kathrin sehen will! Sehr sogar. Aber doch nicht so. Sie kann zum Kaffee kommen. Oder auf ein Feierabendbier.
Aber nie wieder so eine Dreitagesshow, bei der ich vor Sorge umkomme!
Nur weil ihm die Blondine zu Hause gerade wohl irgendwie zu langweilig war!
So nicht, Brunhilde, so nicht!